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Fatebug - Tödliches Netzwerk 121

 

121.

 

 

 

Und haben sie was Interessantes gefunden?“, fragte er Hauptkommissarin Garber, die sich in ein Büro zurückgezogen hatte, um die in der Wohnung von Heeger gesicherten Unterlagen zu analysieren. Als Strecker das Büro betrat, saß sie vor einem Schreibtisch, mit dem Rücken zur Tür. Links und rechts von ihr auf dem Schreibtisch türmten sich Stapel von schwarzen und blauen Aktenordnern. Erst als Strecker neben sie an den Schreibtisch trat, sah er den aufgeklappten Aktenordner der vor ihr, mittig auf dem Tisch, lag.

 

Bisher nichts“, sagte sie. „Rechnungen, Prospekte, Versicherungspolicen, Kontoauszüge. Aber..“,-sie wies mit dem Zeigefinger der rechten Hand auf den Stapel links von ihr-, „..ich bin noch nicht durch. Wenn er Aufzeichnungen über seine Morde hat, hat er sie wohl auf seinem Computer. Einen Computer haben wir nicht gefunden, für die Videos muss der Täter aber einen benutzt haben. Auch eine Videokamera und ein Stativ haben wir nirgends gefunden, er sollte aber beides gehabt haben. Ich habe nämlich entsprechende Rechnungen gefunden. Auch eine Rechnung für ein Videoschnittprogramm war abgeheftet. Und das macht mir Sorgen. Wenn die Kamera und das Stativ fehlen, könnte der Grund sein, dass er sie gerade benötigt.“

 

Scheiße, sie könnten Recht haben“, entfuhr es Strecker.

 

Haben wir den Bus immer noch nicht gefunden?“, fragte sie.

 

Nein, er ist wie vom Erdboden verschluckt. Trotzdem alle deutschen Polizisten nach ihm suchen“, antwortete Strecker.

 

Aber es ist nur noch eine Frage der Zeit. Irgendwo muss er sein. Und dann haben wir ihn“.

 

Das ist seltsam“, sagte Frau Garber. „In dem Aktenordner, in dem er seine Mietverträge abgeheftet hatte, findet sich ein Vertrag über eine Garage in Bergheim. Was will er mit einer Garage in Bergheim? Er wohnte doch nie dort in der Nähe? Oder? Und seltsamerweise ist als Mieter hier ein anderer Name angegeben. Rolf Harrer, mit Wohnort in Kerpen.“

 

Nein“, antwortete Strecker auf ihre letzten Fragen. „Wir müssen uns die Garage ansehen. Steht die Adresse im Mietvertrag?“.

 

Leider nein. Aber die Adresse des Vermieters. Ich rufe ihn an“, sagte die Hauptkommissarin und griff zum Telefon.

 

Herr Huber, guten Tag. Mein Name ist Lydia Garber, ich bin Hauptkommissarin beim LKA in Düsseldorf. Ich brauche einige Informationen von ihnen“. Dann macht die Hauptkommissarin eine kleine Pause, bevor sie ihn zuerst nach dem Mietvertrag mit Herrn Heeger und dann nach der Adresse der Garage fragte. Sie klemmte sich den Hörer zwischen linker Schulter und Ohr, griff mit der rechten Hand nach einem Stift, fingerte mit der linken, wegen des eingeklemmten Hörers etwas ungeschickt nach einem Block und notierte die Adresse. „Danke“, sagte sie, beendete das Telefonat, riss das oberste Blatt mit der soeben notierten Adresse vom Block und hielt es mit einem Lächeln in die Höhe.

 

Fahren wir“, sagte sie. „Holen sie ihren Mantel, ich informiere Faber“.

 

Eine knappe halbe Stunde später erreichten sie ihr Ziel, in einem Wohngebiet am Stadtrand von Bergheim. Die Garage von Heeger war die zweite von rechts in einer Reihe von insgesamt 8 Garagen. Eine zweite Reihe, ebenfalls 8 Garagen, befand sich an der anderen Seite eines kleinen Platzes. Auf dem Platz stand ein Feuerwehrwagen, das eingeschaltete Blaulicht zuckte wie Blitze durch die Nacht. Sie hatten die Feuerwehr von unterwegs alarmiert und um Unterstützung gebeten. Da sie keinen Schlüssel für die Garage hatten, würden sie das Tor gewaltsam öffnen müssen. Zudem würden sie für die Durchsuchung Licht brauchen, dafür bauten die Feuerwehrmänner gerade einige Scheinwerfer auf.

 

Guten Abend die Herren“, begrüßte Hauptkommissarin Garber die Feuerwehrleute, nachdem sie den Wagen neben deren Einsatzfahrzeug geparkt hatte und ausgestiegen war.

 

Öffnen sie bitte die zweite Garage von rechts für uns“, sagte sie und zeigte mit ihrer rechten Hand sicherheitshalber nochmals auf das Garagentor.

 

Aufmachen“, kommandierte der Chef des Feuerwehrtrupps, worauf sich zwei mit Äxten und Brecheisen ausgerüstete Feuerwehrmänner auf den Weg zum Tor machten. Nachdem sie einige Male vergeblich versucht hatten,die Tür mittels des üblichen Verschlussmechanismus, auch unter Krafteinwirkung, zu öffnen, setzten sie schließlich die Brechstangen ein. Diese trieben sie durch gezielte Schläge zwischen die Garagentür und den Rahmen. Dann begannen sie, die Brecheisen nach außen zu drücken, schlugen noch einige Male von der Seite mit den Äxten gegen die Eisenstangen bis das Tor unter lautem metallischem Ächzen nachgab. Beide Feuerwehrleute beugten sich nach unten und hoben das Tor gemeinsam an. Im gleichen Maß, wie sich das Tor Zentimeter um Zentimeter nach oben bewegte, gewann das durch die Scheinwerfer erzeugte Licht Oberhand gegen die Dunkelheit in der Garage. Das Tor war nicht einmal halb geöffnet als Strecker erkannte was sich in der Garage befand.

 

Scheiße“, brüllte er. „Wir konzentrieren uns auf das falsche Fahrzeug“.

 

Womit er Recht hatte, denn der Van stand in der Garage.

 

Was sollen wir jetzt machen?“, fragte Hauptkommissarin Garber ihren Kollegen. Sie hatten wohl die Wahl zwischen Skylla und Charybdis. Sollten sie auf die Spurensicherung warten oder den Bus knacken und ihn selbst durchsuchen? Nach Informationen, die ihnen etwas über die Pläne oder besser noch den Aufenthaltsort von Heeger verrieten. Einerseits befürchteten sie, dass Heeger bereits auf seiner nächsten Mission war. Er gerade ein weiteres Opfer beobachtete oder sogar schon malträtierte. Andererseits hatten sie bisher noch keinerlei Beweise gegen Heeger. Sie hatten eine Theorie, die für sie schlüssig war, an die sie glaubten. Obwohl der vorhandene Van nicht gerade dazu passte. Sicher es gab viele Indizien, seinen Besuch auf der Vernissage, die Beziehung zu Stefanie Tenzel, der Bus, die falschen Angaben im Mietvertrag. Das konnte alles kein Zufall sein. Aber Beweise, hieb- und stichfeste Beweise, die hatten sie nicht, noch nicht. Das machte den Inhalt des Busses umso wertvoller.

 

Strecker riss sie aus ihren Gedanken und traf die Entscheidung.

 

Aufmachen“, sagte er zu den Feuerwehrleuten, drehte sich dann zu Frau Garber um und sagte mit einem verschmitzten Lächeln im Gesicht. „Hatten wir uns nicht schon für Gefahr im Verzug entschieden, als wir die Feuerwehr baten, die Garage aufzubrechen. Ohne einen Beschluss zu haben. Der alte galt nur für die Wohnung. Wir sollten uns noch einen neuen besorgen“.

 

Ich kümmere mich darum“, antwortete die Hauptkommissarin, griff zu ihrem Telefon, drehte sich um und begann zu sprechen.

 

Sie können“, sagte ein Feuerwehrmann zu Strecker und zeigte auf die mittlerweile geöffneten Hecktüren des Vans.

 

Leihen sie mir eine Taschenlampe?“, fragte Strecker und ging näher an den Van heran.

 

Der Kofferraum war durch die Scheinwerfer erhellt. Sofern man sich gut platzierte, den eigenen Schatten aus dem Lichtkegel heraushielt, konnte man ihn gut einsehen. Zumal er auch sehr übersichtlich und aufgeräumt aussah. Neben einem Reservekanister, einem in einer Seitentasche an der linken Seitenwand des Van deponierten Warndreieck und einer Sicherheitsweste enthielt er lediglich noch eine Art Werkzeugkoffer und eine Decke. Letztere lag sauber zusammengefaltet in der hinteren rechten Ecke des Kofferraums. Strecker fummelte ein Paar Einweghandschuhe aus seiner Manteltasche, zog sie an und wartete bis ihm der Feuerwehrmann die Taschenlampe gebracht hatte. Dann öffnete er den Werkzeugkoffer. Nichts, jedenfalls nichts was ihnen geholfen hätte.

 

Mittlerweile hatte Frau Garber sich zu ihm gesellt. Ein Blick genügte und sie hatte verstanden, dass sie sich beide einig waren. Sie war jünger, sportlicher. Die Hauptkommissarin kletterte in den Kofferraum, mühte sich über die hintere Sitzreihe, griff über den Beifahrersitz und öffnete die Tür auf der Beifahrerseite. Strecker quetschte sich am Wagen vorbei in Richtung der Tür, öffnete sie, leuchtete mit der Taschenlampe den Fußraum aus und setzte sich dann auf den Beifahrersitz. Auch im Fußraum des Fahrers, auf dem Fahrersitz oder in und auf den Ablagen gab es nichts, was man hätte untersuchen müssen. Es blieb noch das Handschuhfach. Aber auch hier fand der nur eine Parkscheibe, eine Packung mit Papiertaschentüchern und eine Mappe mit Bedienungsanleitungen zum Fahrzeug. Auch Frau Garber hatte im Rückraum nichts gefunden, was ihnen hätte weiterhelfen können. Die einzig gute Erkenntnis, sie hatten höchstwahrscheinlich auch keine Spuren vernichtet. Es gab keine.

 

Wir sollten nach Meckenheim zurückfahren“, schlug die Hauptkommissarin vor.

 

Ja, haben sie die Kollegen schon informiert, dass wir uns wahrscheinlich auf das falsche Fahrzeug konzentriert haben?“, fragte Strecker.

 

Ja“, antwortete sie. „Und auch die Spurensicherung. Die Kollegen werden gleich hier sein.“

 

Sie baten die Feuerwehrleute noch so lange vor Ort zu bleiben, bis die Beamten von der Spurensicherung eintreffen, stiegen in ihren Dienstwagen und brausten davon.